Der dritte Hopfenreiter galoppiert heran

Bayreuth wieder, die alte Wagner-Stadt. Ist ja längst klar, dass die auch Bier kann und nicht nur Oper. Seit drei Jahren szeniges Aushängeschild: die Brauwerkstatt Maisel & Friends von Jeff Maisel. Maisels bisher großartigste Idee: der Freundschaftssud Hopfenreiter. Heute wird Sud Nummer 3 released. Die befreundeten Brauer, die dieses Mal Hopfengaben spenden, sind: Superfreunde (Calypso), Mikkeller (Citra), Duvel (Styrian Golding), Bevog (Styrian Fox – ganz neue Sorte) und Frau Gruber (Enigma). Maisel & Friends selbst steuern Mandarina Bavaria bei.

Zeit und Gelegenheit, mal genauer zu gucken, was diese Brauerei und dieses Projekt aus dem kleinen oberfränkischen Bayreuth eigentlich ausmacht.

Januar 2017: Die Entstehung des zweiten Hopfenreiters. Foto: Kerstin Fritzsche

 

Klar: Herzstück der Maisel-Braukultur ist das Weißbier. Maisel exportiert das Weißbier in 21 Länder. Außerdem hat die Sammel-Leidenschaft der Maisels den Standort zu einem der größten Brauerei-Museen der Welt gemacht, mit einer beachtlichen Sammlung von Biergläsern und -krügen, alten Bier-Schildern und -Deckeln. Und auch die eigenen Holzkisten haben inzwischen Museumswert. Eine kaufen? Unbezahlbar! In Bayreuth besitzt die Familie noch ein paar andere Gebäude, der Export läuft gut, und die im alten Brauerei-Stammhaus im Februar 2016 eröffnete Craft-Bier-Brauwerkstatt „Maisel & Friends“ mit dazugehöriger Gastronomie „Liebesbier“ auch – nicht nur zur Festspielzeit.

Stadt wollte das Gelände nicht

Das Gelände hatte Jeff Maisel mal der Stadt Bayreuth angeboten, für ein Areal mit Kongresszentrum und mehr. Weil die aber nicht zu Potte kam, baute er eben doch selbst und erfüllte sich damit einen Traum. Vier Jahre Planungs- und Bauzeit, viel Ungewissheit, viele Rückschläge beim Bauen (ein Wasserrohrbruch zum Beispiel). Auch bei guter Wirtschaftslage: ein mutiges Projekt. Zudem in der Region mit der höchsten Brauerei-Dichte der Welt.

Voraussicht, Mut und der Blick für Neues – das war bei den Maisels aber schon immer so. Bereits während des Zweiten Weltkrieges sammelte Jeff Maisels Großvater Glas und hortete es tief im Keller, damit er schnell wieder nach Ende des Krieges seine Brauerei instandsetzen und brauen konnte. Und die Idee mit dem Kassenschlager Weißbier – die schlug Jeff Maisels Vater seinem Vater vor. Ausgang damals ungewiss, aber Maisel Senior zeigte sich offen. „Wenn wir es nicht verkaufen können, saufen wir es halt selbst!“, soll er damals gesagt haben.

Der erste Geburtstag des Liebesbier 2017. Foto: Kerstin Fritzsche

 

Und „Wenn wir es nicht verkaufen können, saufen wir es halt selbst!“ dachte sich auch Jeff Maisel, der nun die mehr als 200 Jahre alte Familien-Brauerei in vierter Generation führt, bei seinen Craftbier-Ambitionen auch. Wie man Bier auf eine neue Ebene bringen kann, hat er sich bei den Winzern abgeguckt. Außerdem studierte Jeff einige Semester in den USA. Und wie auch schon sein Vater brachte Jeff für sein Baby einen Freund mit in die Brauerei, Marc Goebel, der in Bayreuth Erster Braumeister ist.

Alles nach Reinheitsgebot

Aber: Das neue Brauen in Bayreuth findet streng im Rahmen des Reinheitsgebotes statt. „Wenn ich könnte, würde ich schon ein Bier mit gerösteten Haselnüssen brauen“, sagte Jeff Maisel mir letztes Jahr. Aber er findet das Reinheitsgebot wichtig, zur Qualitätssicherung und für den Export. Allerdings arbeitet Maisel schon mal mit Kreativbrauern zusammen und leitet seit einiger Zeit eine Arbeitsgruppe im Bayerischen Brauer-Bund für eine Öffnung oder einen Zusatz des Reinheitsgebots. Er ist überzeugt: „Es wird sich etwas ändern. Weil sich was ändern muss. Aber es wird nicht von heute auf morgen sein.“ Vor allem nicht in Bayern, dem einzigen Bundesland, in dem auch keine besonderen Biere zu brauen erlaubt sind.

Das Liebesbier in Bayreuth. Foto: Kerstin Fritzsche

 

So versucht Maisel im Rahmen des Reinheitsgebots zu beweisen, dass Bier mehr ist als Weißbier und Pils und dass Vielfalt auch so schon geht und dem Handwerk und der Tradition nicht im eg stehen muss. Seit 2012 sind 17 neue Biere entstanden (einige leider limitiert), davon viele in Kooperation. Mit den ersten vier hat Maisel erheblich dazu beigetragen, in Franken das Thema Craft in die Gastro zu bringen. Genau wie Werner Dinkelaker von der Braumanufaktur Schönbuch in Böblingen sieht Jeff Maisel die Zukunft der Bierbranche in einer Mischung von Tradition und Moderne. „‚Modern‘ ist dabei, dass wir nicht mehr nur die klassischen Bierstile brauen, sondern alte Rezepturen neu und innovativ interpretieren. Und die klassischen Bierstile eben richtig gut machen, gerne mit Einfluss von außen“, sagte er mir letztes Jahr.

„Neue Bierkultur“

Allerdings: Auch das neue Bier will sich verkaufen. Vor allem auch außerhalb, nicht nur in der Region oder in München. Dazu hat Maisel im April 2016 zusammen mit BRLO, Crew Republic, And Union, Stiegl und Jeroen Bosch die GmbH „Neue Bierkultur“ gegründet. „Die Neue Bierkultur hat sich gefunden, um gemeinsam den deutschen Markt für Craft Beer weiterzuentwickeln.“ Ein Zusammenschluss zur besseren Vermarktung also, mit Sitz in der Mitte Deutschlands, nämlich in Frankfurt. Die gemeinsame Vision ist, dass Craftbier 2025 „eine feste Größe der deutschen und internationalen Bierlandschaft“ ist.

Kooperation stand daher von Anfang an im Vordergrund. Höhepunkt der neuen Freundschaftskultur ist der seit drei Jahren alljährliche Hopfenreiter, ein Double IPA. Eigentlich sollte er nur einmalig gebraut werden, zur Eröffnung des Liebesbier. Er kam aber in der Community so gut an, alle wünschten sich eine Fortsetzung, so dass Jeff Maisel schließlich die Sache fortsetzte.

Der Hopfenreiter 2017: BrewAge aus Wien, Brlo aus Berlin, Hoppebräu aus Waakirchen, Jopen aus Haarlem in den Niederlanden und Schanzenbräu aus Nürnberg. Und hier kann man nachlesen, wie er mir und den Brauern selbst schmeckte.

Der Hopfenreiter 2016: Camba Bavaria, Crew Republic, Kehrwieder Kreativbrauerei, And Union, Holla die Bierfee und die Bayreuther Bierbrauerei

 

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Eine Antwort zu „Der dritte Hopfenreiter galoppiert heran“

  1. […] Kooperation stand bei Maisel & Friends in Bayreuth von Anfang an im Vordergrund. Höhepunkt der Freundschaftskultur ist der seit nun mehr fünf Jahren alljährliche Hopfenreiter, ein Double IPA. Eigentlich sollte er nur einmalig gebraut werden, zur Eröffnung des „Liebesbier“. Er kam aber in der Community so gut an, alle wünschten sich eine Fortsetzung, so dass Jeff Maisel schließlich die Sache fortsetzte. Gott sei Dank (zur Geschichte von Maisels Brauerei übrigens hier entlang). […]

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