Am Sonntag ist Equal Pay Day. Der Tag im Jahr, an dem Frauen gleiches Gehalt mit den Männern erreicht haben. Und weil das erst der 18. März ist, heißt das, dass Frauen im Schnitt 71 Tage im Jahr für umme arbeiten, im Vergleich mit den Männern. National sind die Gehaltsunterschiede, der Gender Pay Gap, natürlich individuell anders. In Deutschland verdienen Frauen 21 Prozent weniger als Männer, in Großbritannien sind es sogar 28 Prozent. 15 Millionen arbeitende Frauen in Britain verlieren dadurch pro Jahr 138 Milliarden Pfund an Gehalt, das die Männer einfach mehr bekommen und zur Verfügung haben, hat der „Independent“ errechnet.

Die schottischen Craft-Brauer von BrewDog wollten in den Ländern, in denen sie vertreten sind, auf genau diesen Gender Pay Gap aufmerksam machen. Gleichsam individuell und in einer gemeinsamen Aktion. Vom Internationalen Frauentag an, also dem 8. März, circa eine Woche bis fast zum Equal Pay Day sollten Frauen erstens das Punk IPA in den BrewDog-Bars um den Prozentsatz billiger kriegen, den sie in ihrem Land weniger verdienen.
Zweitens launchte BrewDog das „Pink IPA“, eine Version des Punk IPA mit pinkem Etikett. Um satirisch darauf aufmerksam zu machen, dass wir noch weit von der Gleichberechtigung entfernt sind.
Drittens sollten aus dem Gewinn vom Verkauf von Punk und Pink IPA über vier Wochen Frauen-Organisationen unterstützt werden.
Mit „Beer for girls“ warb BrewDog zwar, aber wenn man einen zweiten Blick warf, etwa auf die Bierdeckel der Kampagne, dann war gleich der zweite Satz „Not beer for girls. Beer for equality.“. Auch in Social Media war das eigentlich deutlich.
This is not ‘beer for girls’. This is beer for equality.
Pink IPA has landed.https://t.co/MRWnqaADXg pic.twitter.com/J9Kk4khk1h
— BrewDog (@BrewDog) 6. März 2018
Nun ist das so eine Sache mit Ironie, und Satire versteht eben nicht jede und jeder. Das „Pink IPA“ blieb wohl ein Ladenhüter, es hagelte Spott in den sozialen Netzwerken, und es gab von britischen Medien, allen voran dem „Guardian“, fast schon eine kampagnenartige Berichterstattung. Alles zusammen zwang die Schotten dazu, ihre Kampagne für Gleichberechtigung wieder zu canceln. BrewDog selbst erklärte kurz darauf, „schon allein die Tatsache, dass die meisten von euch uns ernst nehmen, zeigt die Tiefe des Problems“.

Dass die Kampagne zurückgenommen werden musste, hatte ich gar nicht mitbekommen, als ich letzten Freitag in Berlin zu BrewDog schlappte und mein billigeres IPA wollte. Seufzen erwartete mich. Und das Bar-Personal ließ dem Frust freien Lauf. „Wir sind bekannt dafür, dass wir politisch werden, wenn uns was nicht passt“, sagt ein Mitarbeiter. „Wir haben schon Aktionen gegen Putin und Trump gemacht und für eine bessere Klimapolitik. Da hat niemand was falsch verstanden, obwohl da auch mit Satire gearbeitet wurde.“ Was ihn am meisten ärgere, ist die Tatsache, dass niemand, auch nicht beim „Guardian“ sehen, dass im Board von BrewDog zur Hälfte Frauen sitzen, die sich diese Kampagne ausgedacht hatten.
Zum Beispiel Sarah Warman, Global Head of Marketing, Tanisha Robinson, CEO of BrewDog USA und Allison Green, Global People Director und International Commercial Director. „Die wollten zum Frauentag etwas tun“, schimpft er weiter. Und das alles war nicht mal eben so erdacht. „Ich weiß gar nicht, was wir jetzt mit all den Pins und Bierdeckeln machen sollen….!“
Ich freu mich über Blumen, ich freu mich über Bier
Er hat recht. Ich finde das auch megaschade. Andererseits passt es leider zur Wahrnehmung des Frauentags. Noch nie hatte ich so viele Diskussionen darüber, ob es sexistisch ist, Frauen am 8. März Blumen zu schenken. Wohlgemerkt eher mit Männern als mit Frauen. Einer sagte sogar, Frauen Blumen zu schenken, sei ein Zeichen der Unterdrückung. Ich habe dann immer darauf aufmerksam gemacht, dass das eine DDR-Tradition ist. Und dass man eine tolle Sache aus dem alten, zweiten Deutschland doch vielleicht auch weiterhin praktizieren könnte, sozusagen gleichzeitig damit daran erinnern. Wir Westis haben den neuen Bundesländern genug einfach übergestülpt. Und dann muss man nicht sofort Sexismus etc. darin sehen. Natürlich langt das nicht. Aber ich würde mich dennoch freuen, wenn ein Mann mir am 8. März Blumen schenkt. Warum denn nicht?
Ideologie-Verbohrtheit
Diese Ideologie-Verbohrtheit, dass sofort etwas schlecht ist, wenn potenziell irgendwelchen typischen Geschlechterklischees entspricht, finde ich ehrlich gesagt lächerlich. Und das verhindert by the way auch, dass wir wirklich und ernsthaft weiterhin darüber diskutieren, was sich ändern könnte und müsste. Denn da haben die Herren, die sich den Blumen verweigern, ja dann auch keine Meinung und keine Idee. Warum ist das seit ein paar Jahren überhaupt so verbohrt geworden, so readikal? Warum wird dann eine eigentlich tolle Aktion wie die von BrewDog nicht verstanden und zunichte gemacht? Natürlich will ich auch kein extra Bier für Frauen, und schon gar nicht ein pinkfarben verpacktes. Aber genau darum ging es ja. Zu sagen, hey, es gibt kein Bier für Mädels. Es kann nur Bier für Gleichberechtigung geben.
Wenn ihr das nächste Mal irgendwo an der Theke einer Craft Beer Bar steht, Jungs, denkt doch vielleicht jenseits des Klischees, ob ihr damit als altpatriarchaler Trottel dasteht, der Frau neben euch ein gutes Bier aus. Einfach, weil sie sich insgesamt viel weniger Bier leisten kann als ihr.
Übrigens spendet BrewDog trotzdem wie angekündigt an die ausgewählten Frauen-Organisationen.
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