„Emma“: Biere ohne Bart, aber mit Leidenschaft

Almut Emma Zinn aus Freiburg und ihre Biere waren noch vor einem Jahr wenig bekannt. Mittlerweile hat „Emma – Biere ohne Bart“ schon Auszeichnungen eingeheimst und seine Bekanntheit weit über die Grenzen des heimischen Freiburgs gesteigert. Sogar in Berlin, im hohen Norden und in Nordrhein-Westfalen ist das unbärtige Craftbier zu bekommen.

Frauen im Craftbier-Segment, speziell Frauen, die brauen – schade, dass man das eigentlich immer noch explizit erwähnen muss, weil es so wenige gibt. Aber einen Exotikbonus hat Almut Emma Zinn deswegen nicht nötig, sie überzeugt einfach mit Qualität. Übrigens auch spielend ihre männlichen Kollegen. Und mit dem selbstironischen Namenszusatz „Biere ohne Bart“ wird allen dummen Sprüchen von Anfang an der Wind aus den Segeln genommen.

„Es war nicht einfach zum Start“, sagt Almut, „aber das ist es nie, wenn man sich selbstständig macht, egal ob Mann oder Frau.“ Almut (46) ist eigentlich Lehrerin. Und hat vor Kurzem ihren Beruf an den Nagel gehängt, um sich voll und ganz ihrer Liebe zum Bier zu widmen und „Emma“ professionell zu betreiben.

Foto: Emma – Biere ohne Bart

Almut war – wie soll es anders sein, wenn man aus einer Weingegend kommt – zunächst leidenschaftliche Weintrinkerin und mochte Bier nicht mal besonders. Wie bei vielen fing die Bier-Liebe dann mit US-amerikanischen Hopfenbomben an. „2012 habe ich auf meiner Hochzeitsreise in den USA das erste Mal stark gehopfte Biere kennen gelernt und war begeistert“, erzählt Almut. Ein Jahr später war sie wieder da und machte eine Brauerei-Reise: Rogue, Sierra Nevada, Deschutes, … was man sich dann halt so ansieht. Beeindruckt war Almut auch von den vielen Hobby- und Gypsy-Brauern und der Vielfalt des Bieres an der Westküste. Wieder zu Hause in Freiburg hat sie dann selbst angefangen zu brauen. Und die persönliche Bier-Reise ging weiter, das Interesse für belgische Biere und die heimischen Craftbiere kam hinzu. Almut sah sich weiter um.

„Bier wäre eine ernsthafte Möglichkeit“

Bei einem Braukurs in Berlin lernte sie dann Heidenpeters und Vagabund kennen, „das hat mir noch mal einen richtigen Boost gegeben“. Das erste Mal kam der Gedanke auf, dass das Leben auch anders sein könnte, dass Brauen wirklich eine Möglichkeit wäre für mehr, um den Lebensumterhalt zu verdienen. Etwas zu machen, was einen 100 Prozent glücklich macht, jeden Tag. Zuspruch erhielt Almut auch von ihrem Mann und von Freunden, die es inzwischen kaum mehr abwarten konnten, wann es wieder neues Bier in Almuts vier Wänden zu verkosten gäbe.

Foto: Emma – Biere ohne Bart

2015 meldete sie erst einmal ein Nebengewerbe an und schaute sich um, wo sie als Kuckucksbrauerin unterkommen könnte. Schnell wurde sie bei der Brauerei Rogg in Lenzkirch im Schwarzwald fündig. „Anfangs hatte ich Bedenken, ob das ich das machen soll, weil es mir so groß erschien und das Braukollektiv Freiburg da ja auch schon braut“, sagt Almut. Aber schließlich nahm sie das Angebot gerne an, denn die Bedingungen dort waren mit Abstand die besten – und ist bis heute geblieben, bei ständig wachsender Produktion. 20-Hektoliter-Sud nach 20-Hektoliter-Sud ihrer inzwischen vier Biere entstehen hier. 2016 sei dann ein sehr gutes, aber auch anstrengendes Jahr gewesen. Ende letzten Jahres kam dann der Schritt, komplett auf Bier zu setzen und den Lehrer-Beruf aufzugeben. „Ohne die Unterstützung meines Mannes und meiner Eltern könnte ich das aber nicht“, sagt Almut. „Und wenn ich Kinder hätte, wäre mir das Risiko wohl zu hoch gewesen, dann hätte ich es vermutlich nicht gemacht.“

Foto: Emma – Biere ohne Bart

„Baden-Württembergs Top-Bier“ 2017

Almuts erstes Bier, das auf den Markt kam, heißt „Kuckucksrot“, ein herb-fruchtiges Amber Ale mit den Hopfen Amarillo, Galaxy, Citra und Chinook. Das passt doppelt: aufgrund der Gypsy-Brau-Situation und natürlich auch hier wieder augenzwinkernd mit Heimat-Bezug, denn bisher dürfte der Schwarzwald wohl immer noch am meisten für seine Kuckucksuhren bekannt sein, auch wenn Bier „made in the black forest“ auf dem Vormarsch ist und auch in anderen Ecken Baden-Württembergs gern getrunken wird.

Es folgte das „Zapotopaz“, ein American Strong Ale, gebraut mit der wunderbaren australischen Hopfensorte Topaz. „Mit dem Zapo wurde ich mutiger. Ich dachte, daran scheiden sich die Geister. Aber das kam ziemlich gut an!“, erzählt Almut lachend. In der Tat: Das „Zapotopaz“ hat es auf Untappd zum zweitbesten deutschen Strong Ale geschafft und wurde bei Ratebeer 2017 als „Baden-Württembergs Top-Bier“ ausgezeichnet. Im Sommer 2017 kam das German Pale Ale „Heimspiel“, kaltgehopft mit Mandarina Bavaria, Hüll Melon und Hallertauer Cascade dazu, Ende letzten Jahres das Imperial Stout „Salto Orale“, womit Almut bewies, dass sie auch dunkles Bier kann. Im April erschien das Ergebnis eines ersten Collaboration Brew: ein Mexican Style Milk Stout zusammen mit Freigeist Bierkultur, gebraut mit Röst- und Rauchmalz.

Foto: Emma – Biere ohne Bart

Almut ist mittlerweile gut vernetzt in der Szene. „Es geht nicht anders. Es gibt kein Männer-Frauen-Ding beim Brauen. Aber die Grenze verläuft eindeutig finanziell“, beklagt sie. „Große Brauereien können es sich leisten, einfach mal ins Craftbier-Segment zu gehen und auszuprobieren, egal, ob sie erfolgreich sind oder nicht, die können das kompensieren. Und sie betreiben Kneipen-Förderung und entscheiden bereits durch ihren Vertrieb über den Markt, weil es dann in bestimmten Kneipen oder bei Veranstaltungen halt einfach nichts anderes zu trinken gibt. Das ist brutal“, so Almut, „auch im Preiskampf.“ Und auch die Ressourcen seien ungleich verteilt. Deswegen hat sie sich nach einer Phase von Kaltakquise mit dem Braukollektiv, Sebastian Sauer (Freigeist) und anderen Freiburger Bier-Enthusiasten zusammengetan. Zusammen organisieren sie ihren Vertrieb, was Almut als sehr angenehm empfindet. „So kriegen wir alle ein großes Stück vom Kuchen, durch 5 geteilt.“ Zudem sei es einfach infrastrukturell nicht möglich, alles alleine zu machen.

„Ich bin alleine und ich weiß es“

Im Gegensatz zu anderen Craftbrauern ist Almut Regionalität nicht so wichtig, höchstens bei der Wasserqualität, die im Schwarzwald sehr gut sei. Aber einen weiteren Traum gäbe es da schon noch: eine gemeinsame Gastro mit den anderen in Freiburg.
Schaut man sich Freiburgs Bier-Entwicklung so an, scheint auch dieser Traum gar nicht so abwegig. Freiburg ist gar nicht mehr so langweilig und provinziell wie „Tocotronic“ einst sangen. Und vor allem ist man nicht alleine in der Szene.

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Comments

Eine Antwort zu „„Emma“: Biere ohne Bart, aber mit Leidenschaft“

  1. Avatar von Rüdisüli Sepp

    Habe gerade einen Salto Orale genossen. wunderbares dunkles Bier aus Lenzkirch.
    Gratuliere!!

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