Die Olympischen Spiele waren sehr erfolgreich für Deutschland. Die „New York Times“ hat da eine Theorie, woran das liegt, dass unsere Wintersport-Athleten so viele Medaillen absahnen: Sie sind gedopt. Und zwar mit Bier.
„While most people see nonalcoholic beer as a responsible replacement for regular beer, Germans often drink it in place of sports drinks after exercise. Beer or Gatorade? No contest.“
Aber nicht mit irgendeinem Bier, sondern Erdinger Weißbier alkoholfrei. Das ist nebenbei super Werbung für Krombacher, in dessen Marken-Portfolio Erdinger die „alte“ Weißbier-Marke Franziskaner schon lange überholt hat. Krombacher hat dem deutschen Team auch 3.500 Liter in China gespendet, die offensichtlich gerne angenommen wurden. Krombacher wächst auf dem deutschen Markt bei einem allgemeinen Rückgang des Bier-Konsums weiterhin, wenn auch eher mit Pils als mit Weißbier. Was aber den Amerikanern noch komisch anmutet, ist in Deutschland tatsächlich ziemlich normal: dass Sportler alkoholfreies Bier trinken. So findet sich beispielsweise in einer Zeitschrift für Läufer auch ganz normal ein Bier-Test. Auch „Fit for Fun“ und die „Apotheken-Umschau“ widmeten dem Thema schon Artikel.
Es gibt sogar eine Studie, ob Sportler mit alkoholfreiem Bier ihre Leistung steigern können, von 2009. Die Studie kam nämlich zu dem Ergebnis, dass Läufer, die vor und nach einem Marathon regelmäßig alkoholfreies Bier getrunken hatten, sich schneller wieder erholten – und dann im Umkehrschluss auch eigentlich härter trainieren konnten. Und nebenbei zählen die Elektrolyte (wie jeder, der „Herr Lehmann“ gelesen oder gesehen hat, ja eh schon weiß. Dazu gab’s in der Community von „Neon“ sogar mal eine eigene Gruppe!). Das nutzen auch die Brauereien geschickt. So gibt es Erdinger alkoholfrei beispielsweise beim Berlin Marathon, deutschlandweit ist Heineken bei McFit vertreten. Und in Bayreuth veranstaltet Maisel mit seinem Weißbier gleich ein ganzes Fest, das Laufen mit Kultur vereinigt. Dass damit auch die Läufer zu kostenfreien Werbeträgern im Dutzend werden, weil das Logo der Brauerei auf Trikots und neben Startnummern prangt, ist ein zusätzlicher, angenehmer Effekt.
Aber auch der wirtschaftliche Effekt ist spürbar: Der Absatz von alkoholfreiem Bier hat sich in Deutschland in den letzten sechs Jahren beinahe verdreifacht. Alkoholfreies Bier wird explizit als isotonisches Sport-Getränk beworben. Hinzu kommt der Trend, sich bewusster und gesünder zu ernähren, weshalb auch viele Craft-Brauer schon alkoholfreie Biere auf den Markt gebracht haben, z.B. BrewDog, Mikkeller, BRLO, Kehrwieder, Riedenburger, Nittenauer, … (Einen Test gibt’s auch noch während der Fastenzeit hier demnächst auf „hopf voll gold“.) Und auch hier hat sich einiges verändert bzw. verschoben: Noch vor drei Jahren sahen viele das als Love’s Labour Lost und sinnlos an, jetzt stellen sich immer mehr darauf ein. Gleichzeitig ist es aber schwierig, weil dem Bier im Brauvorgang sozusagen nachträglich der Alkohol entzogen werden muss. Es gibt auch schon neue Verfahren. Einen guten Überblick gibt es, wem es nicht zu technisch ist, hier.
Dabei startete alkoholfreies Bier als Idee für Autofahrer, in der DDR. Das „Autofahrerbier„, kurz AUBI, erfand Ulrich Wappler von der Engelhardt-Brauerei 1972 in Berlin-Stralau. Das AUBI kam mit etwa 7% Stammwürze auf etwa 0,3 % Alkohol, wie Markus Raupach in seinem gerade erschienen Buch „Bier. Geschichte und Genuss“ erinnert. Mit dem Mauerfall verschwand das Bier, wie so viele DDR-Produkte, und Clausthaler wurde mit seinem 1979 auf den Markt gebrachten alkoholfreiem Bier Marktführer für lange Zeit. Im August 1998 brachte die Privatbrauerei Metzler aus dem thüringischen Dingsleben das AUBI wieder auf den Markt, aber es konsumieren eher nur Insider. Und noch ein alkoholfreies, bierverwandtes Produkt feierte in den letzten Jahren ein Revival: die Fassbrause. Noch vor 20 Jahren hätte jeder gesagt, das ist ein eindeutiges Berliner oder fränkisches Produkt. Aber jetzt gibt’s die überall und von echt vielen Herstellern.
Apropos Berlin: Kölsch kann es nur in Köln geben? Weit gefehlt! Schließlich gehörte zum Ur-Berlin ja auch die Stadt Cölln – und das zeigt sich bis heute im Stadtteil Neukölln. Jetzt hat die Berliner Berg Brauerei ein Kölsch herausgebracht. Es heißt denn auch „Neuköllsch“ und ist mit den Hopfensorten Azacca und Cascade gebraut. Es dürfte damit wesentlich mehr Citros-Noten haben als das Original in der Stadt am Rhein.

Dass das lange belächelte Tasmanien in Australien aufgrund des Klimas ein toller Ort für Hopfen ist, ist inzwischen ja kein Geheimnis mehr. Australiens älteste Brauerei Cascade vor den Toren der tasmanischen Hauptstadt Hobart investiert jetzt 10,3 australische Dollar, um in den Craftbier-Markt einzusteigen. Ein Teil des Geldes fließt zwar auch in den Ausbau des Besuchercenters in Hobart. Aber mehr als 60% sollen dafür genutzt werden, die Brauerei und den Vertrieb auszubauen. Und zwar möchte Cascade Craft-Brauern ermöglichen, in ihren Mauern zu produzieren und von dort zu vertreiben und will damit Hobart zum Craft Beer Hub Australiens machen, also so etwas wie das CraftBeerZentrum bei uns in Berlin, nur viel, viel größer. Bisher gibt es von Cascade selbst nur ein Pale Ale – und das ist, naja, leider eher mit Krombacher Pils bei uns zu vergleichen oder so. Aber man darf gespannt sein. Dass irgendwas von der Produktion des Hubs in Hobart allerdings seinen Weg nach Europa finden wird, ist eher unwahrscheinlich. Aber das Konkurrenzverhältnis wird interessant. Denn bisher ist Melbourne Australiens Craftbier-Spot Number One. Nirgendwo sonst gibt es so viele Mikrobrauereien. Und dass Gypsy Brewer extra vom Festland übersetzen, um auf Tasmanien brauen zu können, erscheint mir eher unwahrscheinlich. Aber wir werden sehen.
Und sonst noch so? Welde in Baden ließ seine neuesten Biere zusammen mit Käse entwickeln und durch eine Studie begleiten. Die chinesische Craftbier-Industrie wächst. Zwickel und andere, leichtere deutsche Bier-Stile are going US.
Und wen interessiert, wie toll man über Bier und das Brauen im Netz erzählen kann, der sollte sich diese Foto-Reportage des „Guardian“ nicht eintgehen lassen. Und: Es geht nicht nur immer mehr um Craftbier, sondern auch wieder mehr um Craft-Spirituosen. Da übrigens ein Tipp: die Whiskies von Seven Stills in San Francisco – erst Whiskey, dann Bier. Oder Whiskey aus Bier-Fässern. Leider so weit ich weiß in Deutschland (noch) nicht erhältlich.
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