Die kleine Bierschau vom 24.01.2019

Zwei der coolsten deutschen Brauereien kooperieren, der Bayreuther Hopfenreiter 2019 wird Bombe, die Branche diskutiert über Verpackungen, ohne über Verpackungen zu diskutieren, SS- und Nazi-Anleihen werden leider nicht diskutiert, Bier contra Lebensmittelverschwendung kommt in die Diskusson, das IPA bleibt in der Diskussion.

Wir fangen mit etwas Erfreulichem an: In Bayreuth bei Maisel & Friends wurde letzte Woche der neue Hopfenreiter eingebraut. In diesem Jahr kommen die Hopfengaben zum Freundschaftssud von Sudden Death (Timmendorfer Strand), Tiny Rebel Brewing (Wales), Tilmans (München), Überquell (Hamburg) und De Molen (Niederlande). Das besondere Double IPA von Maisel & Friends wird es dann bereits zum vierten Mal geben. Released wird es Anfang März beim Arts & Crafts Festival in der Brauerei.  Der Hopfenreiter 2018 war ja ziemlich schwer, hopfig und bitter. Ich bin gespannt, wie der neue wird, und habe mir zum direkten Vergleich noch eine Flasche vom 2018er aufgehoben.

Apropos Sudden Death: Die Nordlichter kooperieren auch mit Frau Gruber. Das wurde vor drei Tagen per Facebook und Instagram bekanntgegeben, mehr weiß man noch nicht. Da beide Brauereien aber nicht nur in Sachen Hopfen, sondern auch bei der Hefe experimentieren, ist Spannendes zu erwarten. Übrigens hat das Magazin Hopfenhelden gefragt, welche die beliebtesten IPAs, Pale Ales etc. 2018 waren, und da war Sudden Death auch vorne mit dabei. Für mich unerklärlich bleibt Frau Grubers „Green is Lord“ bei den Pale Ales auf Platz 4. Aber hier schreckt der eine oder die andere sicherlich auch vorm höheren Preis zurück.

Auf der Grünen Woche in Berlin gab es einen kleinen Eklat, der aber nicht als solcher wahrgenommen wurde. Leider hat er mit Bier zu tun: Der Chef einer finnischen Brauerei ist im Vorstand eines SS-Veteranenvereins. Für die Veranstalter kein Problem, wie die taz berichtete. Leider wird ja, gerade mit den großen Veranstaltungen, in dieser Hinsicht Bier eher entpolitisiert. Da muss sich was ändern. Hier wäre noch die Chance, das auch in der Brauszene zu diskutieren, denn die Brauerei, Bryggeri Helsinki, betreibt auch ein Bierpub in Prenzlauer Berg.

Was bringt 2019? Es gab so viele Bier-Vorschauen und -Ausblicke, ich erspare euch meinen an dieser Stelle. Interessant ist aber, dass die Branche wieder bzw. dieses Jahr ziemlich intensiv das IPA diskutiert, in den USA, in Großbritannien und auch hier in Deutschland. Zum einen geht es darum, ob bei den ganze New Englands, Hazys, Creams, Drys, Bruts, Milkshakes und DDHs die Definition des IPAs nicht brüchig wird (stellvertretend dieser Artikel dazu).  – Hier wurde aber im Gegensatz dazu schon 2017 prophezeit, dass DDH die Zukunft des IPAs ist.

Zum anderen stellen viele einen zu großen Druck auf Brauer fest, was die Ausstoß-Quote und den Zwang, immer wieder neue fancy Biere auf den Markt zu schmeißen, anbelangt. Der burntoutbeerguy stellt in seinem Blog die sehr nachdenkenswerte These auf, dass herkömmliche Bierstile und Stammbiere der Brauereien dann gar nicht weiterentwickelt und verbessert werden können, weil dafür einfach keine Zeit ist, wenn man ständig seine Kessel mit neuen Suden neuer Bierstile vollpackt. Ich finde, da ist was dran. Und gerade, wenn immer mehr Craftbrauer als Stammbiere auch Helles oder ein Pils mit in ihr All-time-Sortiment packen, ist ständige Qualitätskontrolle geboten. Die andere Gefahr ist, auch da hat der Blogger-Kollege recht, dass auch die Branche selbst ausbrennt. Immer mehr, immer anders, immer schneller – unsere Kaufkraft ist aber begrenzt. Die Branche bechränkt sich notgedrungen irgendwann selbst, obwohl sie ja eigentlich größere Vielfalt liefern möchte. Paradox. Und eigentlich zu vermeiden, oder? Und muss es immer wirklich ein Limited-Bier sein, liebe Brauer? Künstliche Verknappung?

Und dann ist da noch die Sache mit den umweltfreundlichen Verpackungen und dem Verpackungsmüll, gerade bei den Dosen. Die werden ja, vor allem in den USA, von einem Plastikband fürs Sixpack zusammengehalten, „sixpack rings“. Mittlerweile hat ja jeder wohl die herzzerreißenden Bilder von Schildkröten gesehen, die in so einem Plastikband gefangen sind, der Panzer oder ein Bein eingeklemmt, eine Schlinge um den Hals. Bereits im Sommer 2018 wurde bekannt, dass ein Start-up zusammen mit einigen Brauereien ein Material entwickelt, das stark genug ist, ein Sixpack zusammenzufassen, aber dann, falls es weggeworfen wird, nicht zur Gefahr für Meeresbewohner wird, sondern sie sogar ernährt. Eine andere Brauerei ist dabei, Träger fürs Sixpack zu entwickeln, die sich selbst zersetzen. Von beidem habe ich allerdings noch nichts auf dem Markt gesehen.

Ein anderes, das eigentliche Verpackungsproblem dabei wird aber leider nicht gesehen und ist auch nicht so einfach aus der Welt zu schaffen: die Dose an sich. Die Herstellung verbraucht sehr viel Energie und Wasser, vor allem das Recycling des Aluminiums erzeugt sehr viel Sondermüll, der den Gewinn durch Recycling teils überwiegt, aus der Innenbeschichtung kann sich das gesundheitsschädigende Bisphenol A lösen und vor allem entsteht bei der Gewinnung von Aluminiumoxid aus entsprechenden Erzen giftiger Rotschlamm. Die Dose ist also eine echte „Umweltsau“, und auch wenn sie gerade wieder aus angeblichen Aromagründen ein Revival erlebt und auch wenn ein Brauer in den USA während der Prohibition die Getränkedose erfand: Brauereien und Mikrobrauer werden sich in Zukunft Gedanken machen müssen, in wie weit sie „greener“ werden können.

Gerettete Lebensmittel für Bier: Eine, die Bier bereits in Verbindung mit Umweltschonung gebracht hat, ist die Niederländerin Selma Seddik (ein ausführliches Interview gibt es hier). Bier statt Mülltonne lautet ihre Devise. Sie braut das an Kartoffeln und Brot ein, was andere wegwerfen. Angefangen hat alles mit einem Restaurant, in dem mit weggeworfenen Lebensmitteln gekocht wird. Inzwischen haben Seddik und ihre Mitstreiter drei Restaurants. Die Bier-Geschichte ist relativ neu und erinnert natürlich an das Brotbier.

0 0 votes
Article Rating

Comments

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

error

Enjoy this blog? Please spread the word :)

0
Would love your thoughts, please comment.x