Die kleine Bierschau vom 19.03.2018

Schluck! Der Bierpreis steigt vor Ostern. Glitzer-Bier wird von Clickbaiting entdeckt und instrumentalisiert (und spaltet die Szene). Und Bayern hat 43 neue Genussorte. Natürlich auch für Bierkultur!

Einige große Brauereien wollten es ja schon im Oktober letzten Jahres: dass der Bierpreis endlich wieder steigt. Preiskampf in Super- und Getränkemarkt, 24 Flaschen für 11 Euro – damit soll mal Schluss sein. Und da bietet sich als nächste Gelegenheit die Osterzeit, also jetzt. Man muss damit angeblich die großen Rabattaktionen des Handels kontern. Und, auch dieses Argument hört man dann von den Riesen gerne: Man müsse die Wertigkeit von Bier wieder stärken. So einfach ist das aber nicht. Denn erstens haben die großen Brauereien diese Kampfpreis-Politik auch selbst kreiert, denn sie sind in der Lage, den Supermärkten und Getränkehandel-Ketten die Preise zu diktieren. Und zweitens wollten sich viele damit auch entschieden gegen wachsende Craftbier-Regale in den Märkten und lokale Biere positionieren, die nämlich auch immer mehr zum Schleuderpreis auf den Markt gebracht werden. Pils und Helles – das trinken die Deutschen nach wie vor am liebsten, das machen jetzt sogar auch die Craftbrauer, aber genau da ist die Gewinnspanne auch eng gefasst. Jedenfalls, wenn man Logistik und Vertrieb auch noch mit einkalkulieren muss.

Angeblich ist an dem jetzt durchgesetzten Preisanstieg von circa 10% auch die schlechte Hopfenernte mit schuld. Das hörte sich im Herbst noch ein bisschen anders an. Da waren alle zufrieden. Und auch hier ist für den Konsumenten Vorsicht geboten: Der Hopfen, der jetzt im Herbst 2017 geerntet wurde, wird ja erst noch verarbeitet. Wir reden höchstens von einem vorkalkulierten Marktpreis, der sich aber vor allem aus der erhöhten Nachfrage ergibt. Denn meistens ist der Hopfen einer Saison schon weit vor der Ernte verkauft und aufgeteilt, der aktuelle Bierpreis kann sich also kaum an der kommenden Produktion ausrichten. Vermutlich ist es dann für viele Brauereien, wenn das fertige Produkt bereit steht, noch einmal ein Grund, den Preis zu erhöhen. Und für Hopfen-Sorten, die nicht in Deutschland angebaut werden, verhält sich das ohnehin noch mal anders. Bleibt nur eins, wie immer, Freunde des guten Geschmacks: Lokal trinken! Und: Support your local craft beer dealer.

„Diamonds are forever!! – Und glitzerndes Bier gewinnt Frauenherzen. Vergangene Woche waren die sozialen Netzwerke und jugendlichen Clickbait-Seiten voll mit Glitter Beer. Etwa von BuzzFeed, das ein Video aller Glitzerbiere, die auf Instagram und Co. zu finden waren, zusammengestellt hat, und fragte, wie die Nutzer das so finden. Jemand stellte das Video dann auch in die Craftbier-Gruppe auf Facebook, wo es eine kontroverse Diskussion gab, ob man das denn nun braucht und ob nach Einhorn jeder Trend mitgemacht werden muss.  Naja, ich sag‘ mal so: Alles, was Absatz findet, wird eben auch gemacht. „Stern“ erklärt, wie man sich in Deutschland sein Glitter Beer einfach selbst macht. Manchmal ist aber tatsächlich auch mehr Sinn dahinter. Und so publizierte PULS, das junge Magazin des Bayerischen Rundfunks, offensichtlich ohne genauere Recherche dieses Video – und vorverurteilte das Ganze gleich mit „Der Glitzer-Wahn muss aufhören“.

 

Nun hätte man schon am Namen sehen können, dass es sich nicht um einen Australier, sondern eine AustralierIN handelt. Und wenn man schon auf deren Instagram-Profil ist, hätte man auch direkt nachlesen können, wer diese Brauerin ist und warum sie das Bier gebraut hat. Und schon sieht die Sache nämlich etwas anders aus. Jayne Lewis ist eine der beiden Gründerinnen von Australiens erster und inzwischen schon bald sieben Jahre alten „all female brewery“, Two Birds Brewing in Melbourne (Interview demnächst hier auf hopfvollgold.de – aber freilich nicht wegen des PULS-Fehlers, sondern weil ich da war im Dezember und die Brauerei eh gerne vorstellen wollte). Das „Glitzer-Bier“, das sie gebraut hat, heißt „Stardust IPA“ und ist eine Hommage an David Bowie. Jayne hat es auch nicht jetzt erst gebraut, sondern schon eher, und ihr Video auf Instagram ist auch schon zwei Monate alt. Das Bier wurde zu einer Bowie-Feier ausgeschenkt, es ging auch um wohltätige Zwecke. Keine Ahnung, wer wie so etwas in sozialen Netzwerken findet und warum unter welchen Umständen etwas dann plötzlich viral geht. Jedenfalls hätte ich mir aber von öffentlich-rechtlichen Kollegen etwas mehr Sorgfalt erwartet. Wer übrigens Jayne folgen möchte: @brewerjayne (auf dem Profilfoto ist sie unverkennbar übrigens gerade auch Ziggy Stardust). Der letzte Coup von Two Birds Brewing: Sie haben dem Melbourner Football-Team Western Bulldogs ein eigenes Bier gebraut.

Bayreuth ist seit diesem Monat „Genussort der Bierkultur“, denn die Wagner-Stadt ist einer von 43 ausgezeichneten Genussorten im Freistaat Bayern. Und jetzt bitte, liebe UNESCO: noch fränkische Bierkultur immaterielles Kulturerbe werden lassen. Ging doch in Belgien auch.

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