Bier-Style oh yes oder eher oh no? Am Samstag hat das Oktoberfest begonnen. Und damit all die Bier-Hipster, die keine gescheiten Trachten-Schuhe haben, zugleich stylish aussehen und gegen Flüssiges von oben gewappnet sind, hat Adidas pünktlich zum Start der Wiesn einen passenden Sneaker herausgebracht, den „München-Made-in-Germany-Schuh„. Er hat hinten ein bisschn Stickerei in Trachten-Optik, vorne ist er verstärkt und wasserabweisend. Und obwohl er zu Dirndl – ach nee, Verzeihung, der Schuh ist freilich nur für Buben – zu Lederhose und Co. nur bedingt passt und außerdem knapp 200 Öcken kostet, ist der Wiesn-Treter von Adidas ausverkauft. Wahrscheinlich ging über die Hälfte des limitierten Sneakers aber nicht an Wiesn-Besucher, sondern an Fashion-Blogger und Sneaker-Sammler und wird nie getragen werden. Kein Verlust.
Da reden wir doch lieber über gute Biere. Ausgezeichnete Biere. Neuer Rekord beim European Beer Star 2017, der vergangene Woche während der Drinktec in München verliehen wurde: 2.151 Biere aus 46 Länder gab’s bei der 14. Auflage des Wettbewerbs zu verkosten, und das taten 133 Bierexperten aus 26 Ländern. 60 Kategorien gab es. Der Wettbewerb, der seit 2004 von den Privaten Brauereien Bayern ausgeschrieben und veranstaltet wird, wird immer internationaler; die deutschen Brauereien stellten erstmals weniger als 40 Prozent der eingereichten Biere. Dennoch gingen in diesem Jahr mehr als ein Drittel der Medaillen an deutsche Brauereien, darunter 21 Mal Gold, 25 Mal Silber und 21 Mal Bronze – damit führt Deutschland in diesem Jahr den Medaillenspiegel an. Die erfolgreichste Brauerei beim European Beer Star dieses Jahr war die Privatbrauerei Schönram im oberbayerischen Petting, deren Biere mit drei Goldmedaillen und einer Bronzemedaille ausgezeichnet wurden (Gold für Helles, Export und Dunkel, Bronze für das leichte Helle). Ebenfalls erstmals verteilten sich die Goldmedaillen auf 15 verschiedene Länder, darunter auch „Brewcomer“ wie Brasilien, Israel und Südkorea. Bei 12 Bier-Stilen triumphierten US-Brauer, und Italien ist am Kommen und dominierte in sieben Kategorien, gefolgt von belgischen und niederländischen Brauereien, die mit vornehmlich belgischen Bier-Stilen bei den Bier-Experten der Jury punkten konnten.
Für Überraschung sorgte die Auszeichnung der Allgäuer Aktienbrauerei Kaufbeuren, deren leichtes Helles und dunkler Doppelbock Gold bekamen, sowie das helle Kellerbier Bronze. Beim hellen Doppelbock und alkoholfreiem obergärigen Bier hatte die Brauerei Riegele in Augsburg die Nase vorn, seit Jahren erfolgreich beim European Beer Star.
Braukompetenz für regionale Bierstile stellten vor allem die fränkischen Brauereien unter Beweis: Goldmedaillen gingen hier an den Brauereigasthof Kundmüller in Viereth für das beste Rauchbier, an Winklerbräu in Velburg-Lengenfeld für das beste Kellerpils, an das Brauhaus Faust in Miltenberg für das beste helle Kellerbier, an die Brauerei Greif in Forchheim für das beste Festbier, an Kaiserbräu in Neuhaus für das beste Red and Amber Lager und an Elch-Bräu in Thuisbrunn für das beste dunkle Kellerbier. Das beste Märzen jedoch kommt aus Thüringen: Hier gab es Gold für das Brauhaus Saalfeld.
Ich persönlich freue mich sehr über Gold für das beste stärkste Bier. Die Auszeichnung geht in diesem Jahr an die Jungs der Wiener BrewAge für ihren Barley Wine „Eisknacker“ – die damit das EKU 28 der Kulmbacher Brauerei auf Platz 2, also Silber, verwiesen. Craft gewinnt gegen Industrie-Brauerei. Auch sehr schön: Bronze in der Kategorie „Strong Smoke Beer“ für das „Smoky George“ von Rittmayer in Hallerndorf – mein Tipp für den Herbst.
Kurz muss ich noch mal politisch werden: Für mehr Transparenz beim Verbraucher und als Qualitäts-Standard für Craft-Brauereien hat die Brewers Association in den USA jetzt das lang geplante neue Siegel „Independent Craft“ herausgebracht. Sicherlich nicht verkehrt in Zeiten, in denen immer mehr Mikro-Brauereien von größeren gekauft werden und gar nicht mehr wirklich unabhängig sind oder Herstellungsverfahren industrialisiert werden. Brauereien können sich für das neue Zertifikat lizensieren lassen, wenn sie nicht mehr als 954.000 Hektoliter pro Jahr produzieren, davon auch einen gewissen Marktanteil nicht überschreiten, nur natürliche Rohstoffe nutzen (zusätzliche Aromen etwa sind verboten) und traditionell produzieren und wenn wenn nicht mehr als 25% der Brauerei einem anderen Anteilseigne gehören. Zusammengedampft auf die Formel „Small – Independent – Traditional“ soll so per Etikett auf der Flasche gewährleistet sein, dass auch wirklich Craft drin ist, was sich als Craft verkauft. Ideal sei dann laut Brewers Association noch, wenn der Hauptmarkt der Brauerei sich auf die umliegenden 10 Meilen erstreckt. Knapp 2.200 Brauereien sind bereits dabei.
Zu guter Letzt statt des üblichen Craftbier-Rants: die Polizei und das Bier. Diese Pressemeldung neulich der Polizei Weil am Rhein in Baden-Württemberg sollte witzig sein, war es aber nicht. „Zufahrt zur B3 nach ‚Bier-Ausschank‘ zeitweise gesperrt“ hieß es da in der Überschrift und so locker-spritzig ging es dann auch weiter, ich erspare euch das aber. Letztendlich war eine Ladung Bier nicht richtig gesichert, rutschte von der Ladefläche und verteilte sich über die Straße. Verletzt wurde glücklicherweise niemand, auch der Schaden an anderen Fahrzeugen hielt sich in Grenzen. Bier-Ausschank? Naja. Und generell sollte man über „Freibier“ nicht scherzen.