Black River Brewery: Trebur braut

Steffen (links) und Thorsten in ihrer "Brauküche" in Trebur

Ich musste erst weggehen, um zu sehen, was vor der Haustür ist – Dieser Spruch trifft auf jeden Fall auch biertechnisch auf mich und Südhessen zu. Klar, Pfungstädter im Stadion, Grohe in Darmstadt, mit Maruhn’s einen der größten Biershops Deutschlands vor der Nase. Alte Bier-Marken werden neu aufgelegt: In meiner Heimatstadt gibt’s jetzt wieder das Groß-Gerauer Union Bier, in Heppenheim mit der Halber Mond Brauerei wieder eine Hausbrauerei. Aber neue Brauer und Biere? Ja, die auch: in Trebur im Ried. Nämlich Steffen und Thorsten von „Black River“.

Für Steffen Schmidt (41) und Thorsten Helm (43) fing alles an, wie es meistens anfängt: Sie sind langjährige gute Freunde und gegenseitige Trauzeugen, haben die gleichen Interessen und mögen gerne Bier. Was liegt da näher, als auch gemeinsam zu brauen? Und das machen Thorsten und Steffen seit mittlerweile drei Jahren unter dem Namen „Black River Brewery„. Die beiden Hobbybrauer sind außerdem sehr aktiv auf Instagram, so bin ich auch auf sie aufmerksam geworden, weil ich immer nach Brauern und Bierliebhabern aus meiner Heimat suche.

Nico vom „Atelier der Braukünste“ ist schuld

Zum Brauen kamen die beiden aber mehr oder weniger durch einen Zufall, erklärt Thorsten. „Als Steffen im Frühjahr 2015 mitten in den Vorbereitungen seiner Hochzeit steckte, erreichte ihn eines Tages eine E-Mail seiner Hochzeitslocation. Inhalt: Es wurde ein Brau-Workshop angeboten, bei dem unter Anleitung für die bevorstehende Hochzeit ein individuelles Hochzeitsbier gebraut werden konnte, um es dann am Tag X an die Hochzeitsgesellschaft ausschenken zu können. Die Hochzeit fand im schönen historischen Schloss in Romrod statt – der Workshop war ein Pilotprojekt von Nico Döring, Geschäftsführer im Hotel Schloss Romrod und absoluter Bier-Enthusiast mit jahrelanger Hobbybrau-Erfahrung (ja, wir alle kennen Nico, mittlerweile auch Mister „Atelier der Braukünste„, Anmerkung von Kerstin).“ Kurzerhand sagten Steffen und Thorsten zu. Nico ist also schuld, dass es „Black River“ gibt.

Anfangs wurde natürlich nur für den Eigengebrauch gebraut. Aber schnell zog des gude Dröbbsche aus Trebur weitere Kreise, immer mehr Freunde und Bekannte wollten mal probieren. Das Feedback ist fast durchgängig positiv. „Die meisten Leute sind sehr interessiert und fragen, ob sie nicht mal dabei sein können, wenn gebraut wird, um das mal zu sehen und den Prozess besser zu verstehen“, erzählt Thorsten. „Bier kennen die meisten nur als fertiges Endprodukt aus dem Supermarkt oder der Kneipe, aber selbst gebraut haben die wenigsten schon mal. Daher macht es uns auch gar nichts aus, wenn wir ab und an mal Besucher da haben, die uns beim Brauen über die Schulter schauen – ganz im Gegenteil!“ Steffen und Thorsten sehen sich dabei aber nach wie vor klar als Teil der Hobbybrauerszene, die im Rhein-Main-Gebiet und generell in Deutschland mittlerweile ja ziemlich breit und vielfältig aufgestellt ist. „Man muss sagen, wir profitieren ganz klar von der Community, wo man sich mit anderen austauscht, neue Anregungen und auch eine Menge Hilfestellung erhält, was toll ist und unserer Meinung nach auch den Kern der Hobbybrau- und Craftbewegung ausmacht. Auch wir geben gern unsere Erfahrung weiter.“

Brauraum in ehemaliger Waschküche

Gebraut wird unter den für Hobbybrauern erlaubten 200 Litern im Jahr. „Man muss das erzeugte Bier ja auch erst mal getrunken bekommen!“ sagt Thorsten. Und immer die benötigte Anzahl an leeren Flaschen zu haben, um abfüllen zu können, sei auch so eine Sache. Gebraut wird übrigens in er ehemaligen Waschküche im Haus bei Thorsten. Da ist jetzt eine kleine, aber gemütliche, kleine Brauerei. Ein bisschen mehr Platz hätten die beiden zwar schon gern. „Aber wir kommen zurecht und haben alles, was wir brauchen.“ Was nicht heißt, dass sie es manchmal schade finde, dass sie nichts verkaufen dürfen. „Wir stellen immer noch oft fest, dass viele Berührungsängste haben und sich nicht so recht an Craftbier heran trauen. Sie sind zwar interessiert, greifen am Ende dann aber doch eher wieder auf die alteingesessenen und bekannten Bierstile zurück, was völlig okay ist. Aber dies würden wir gerne durch unseren Beitrag etwas verändern! Wir sind aber dran und schauen, wie wir zukünftig auch bei lokalen Ereignissen in unserer Gemeinde mit unseren Bieren vorstellig werden können. Mal sehen, wann es soweit sein wird…, so Thorsten. Na, wenn das nicht mal eine Bereicherung für Trebur wäre. Es muss ja nicht gleich das Open Air sein (ja, beim legendären Trebur Open Air hab‘ ich viel Zeit verschiedener Sommer verbracht und mich fast von Schnaken totstechen lassen).

Liebe zu Pales Ales und IPAs

Grundsätzlich sind Steffen und Thorsten neugierig auf alles und brauen alle Bierstile, die ihnen auch selbst schmecken. Sie experimentieren aber zunehmend mit unbekannten Sachen/Zutaten herum. Angefangen von untergärigem Pils über Wies, Weizen, Stout bis hin zu den hochgehopften englischen/amerikanischen IPAs und Pale Ales. Auch Sour Ales und Brett-Biere waren sogar schon dabei.

Die stärker gehopften Biere sind denn auch die Lieblinge: „Obwohl wir uns erstmal daran gewöhnen mussten, sind wir mittlerweile beide sehr gerne im Bereich der Pale Ales und IPAs unterwegs, das kann dann auch gerne mal in Richtung DIPA oder NEIPA gehen. Aber wir verschmähen beide auch andere Stile wie Weizen und Pils nach wie vor nicht und trinken mittlerweile auch gerne mal etwas dunklere Biere wie Stouts und Porters, auch wenn es bei letzteren eine wenig gedauert hat, sich daran zu gewöhnen.“ Die „belgischen Sachen wie Trappistenbiere usw. seien hingegen nicht so ganz das Ding von Thorsten und Steffen. Fruchtnoten sind aber willkommen. Müssten sie sich auf konkrete Biere festlegen, dann Steffen auf z.B. die IPAs von Frau Gruber (Butcher’s Lamb, Hounds of Hell oder Cannibal King) oder den Elvis Juice von BrewDog. Und Thorsten hat zuletzt auch ein wenig den Bereich der Sauerbiere für sich entdeckt.

Wie sehen die beiden die Entwicklung der Szene?

„Wenn man sich die Entwicklung der Craftbierszene in den letzten Jahren anschaut – vor allem hier bei uns in Deutschland, gibt es aus unserer Sicht sowohl Positives als auch Negatives zu beobachten“, so Steffen.

„Toll und damit positiv belegt ist zum einen die Tatsache, dass durch eine zunächst nicht professionelle Community von Querdenkern nach dem Vorbild aus den USA eine Gegenbewegung zu dem bis dato von großen Brauereien kontrollierten Biermarkt mit sehr limitierter Produktvielfalt erstanden ist. Wo es im Prinzip vor 5-10 Jahren außer Pils, Export und Weizen kaum alternative Bierstile gab, erfreut sich der Markt mittlerweile einer Vielzahl unterschiedlichster Bierstile mit verschiedensten Geschmäckern und Ausprägungen. Auch die Besinnung auf alte Malzsorten wie z.B. Emmer und Spitzmalz und die Züchtung etlicher neuer Hopfensorten finden wir sehr positiv, da wir so noch mehr Variationsmöglichkeiten und Geschmacksausprägungen in unser Bier rein bekommen.

Dies bringt aber zwangsläufig auch den nicht ganz so schönen Effekt mit sich, dass man nun vielerorts geneigt ist, es mit der Ausgefallenheit gänzlich zu übertreiben, in dem versucht auf Teufel komm‘ raus unbedingt etwas ganz Neues und Einzigartiges zu entwickeln, in dem man Zutaten verwendet, die unserer Meinung nach nichts im Bier zu suchen haben, wie z.B. fermentierter Fisch oder ähnliche Dinge. Des Weiteren ist es aus unserer Sicht etwas schade, dass die Großbrauereien nach Jahren des Bierpreisdumpings nun versuchen auf den Craft-Zug mitaufzuspringen, weil sie sehen, das sich damit gut Geld verdienen lässt, indem sie nun reihenweise neue Sorten wie z.B. Kellerbiere auf den Markt werfen und als CRAFTbier anbieten. Man fragt sich als Hobby- und Craftbrauer immer öfter, wo da noch wirklich geCRAFTet sprich mit der Hand gearbeitet wird.

Immer wieder der Elvis Juice

Vorbilder gibt’s natürlich auch für Steffen und Thorsten. Leute, die mit ihrem Engagement initial dafür gesorgt haben, dass sich die Szene in Deutschland überhaupt erst entwickeln konnte wie z.B. Fritz Wülfing (AleMania, Bonn).

Und dann ist da immer wieder der Elvis Juice. „Den mögen wir einfach beide sehr gerne; die tolle Grapefruit-Note gefällt uns sehr. Also haben wir mal versucht, das auch so in etwa hinzubekommen, was uns im ersten Versuch eigentlich schon ganz passabel gelungen ist, auch wenn da noch sehr viel Luft nach oben ist! Demnächst werden wir einen zweiten Anlauf wagen und mit einem entsprechend leicht angepassten Rezept Version 2.0 angehen.“ Und dann hat „Black River“ bis jetzt zwei Mal an der BestBrewChallenge von Bestmalz teilgenommen. Einmal mit einem Weizen-IPA,das mit 48 von 50 möglichen Punkten bewertet wurde. Und in diesem Jahr mit einem Sour Cherry Ale, was aber nur 38 der 50 Punkte bekam. Für mehr Wettbewerbe sei leider keine Zeit. Dann lieber neue Biere ausprobieren. „Es gibt noch sehr viele Ideen in unseren Köpfen, die wir noch ausprobieren möchten“, sagt Thorsten. Oben auf der Liste: mit Lactos rumprobieren, um damit in die Ecke der Sauerbiere vorzustoßen.

Für alle Nicht-Südhessen sei noch das mit dem Namen erklärt. „Black River“ hat nichts mit dem Altrhein zu tun, auch wenn sich der Gedanke durch die Nähe Treburs zum Rhein anbietet. Nein, durch Trebur fließt der kleine Schwarzbach, von Einheimischen auch „die Bach“ genannt. Und die beiden wollten mit dem Namen ihrer Hobbybrauerei unbedingt einen „unmittelbaren Bezug zu ihrer Heimat“ schaffen. Das verkauft sich auf Englisch halt schon besser, aber, wie die beiden sagen, dabei kann man das Motto „Think global, act local!“ verfolgen.

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