Hoppy New Year, everybody! Ein neues Jahr voller spannender Biere und Bier-Events wartet auf uns. Ich freue mich, wenn ihr auch 2017 hopfvollgold begleitet und dadurch das eine oder andere Bierige neubierig entdeckt.
Die Homebrewing-Szene rückt zunehmend in den Fokus der Medien. Durch Craftbier. Den ein oder anderen wird das verärgern, hat doch das Selber-Brauen mit der Welle nichts zu tun. Andererseits finden sich so auch mal Berichte in der Zeitung oder auf den Webseiten, die Homebrewer vorstellen. Zum Beispiel wüsste ich sonst nicht, dass im Landkreis Verden in Niedersachsen Martin Mittnacht schon schon seit fünf Jahren braut. Alles bei seiner Häsefelder-Brauerei ist selbstgebastelt, auch der Schuppen, in dem er braut. Das Bemerkenswerte: Mittnacht hat 16 (!) Biere im Repertoire, pro Sud 80 bis 100 Liter, darunter – die geografische Nähe prägt – ein paar dänische Stile. So gibt es bei ihm ein Honigweizen, zu Weihnachten hat er ein typisches Julebrygg eingebraut, mit Sternanis, Zimt und Kardamom. Dänemark zählte bereits vor zwei Jahren über 70 Kleinbrauereien. Die Szene boomt, am bekanntesten dürften die Jungs von Mikkeller und „To Øl“ sein, die neben außergewöhnlichen Bieren auch außergewöhnliches Design für ihre Biere machen. Zur Geschichte von Bier in Dänemark gibt es hier einen Überblick, inklusive Video-Vorstellung der preisgekrönten Mikrobrauerei Amager. Einen Überblick über die dänische Bier-Szene findet ihr hier vom Dänischen Brauerei-Verband. Außerdem gibt es mit „Ølruten – Guide til de danske mikrobryggerier“ von Henrik Bøegh (ISBN 978-87-12-04349-2, Forlaget Bøegh, über mail@artbag.dk ein Buch zu den vielen neuen Brauereien.
Fun Fact zu dänischem Bier: Es war übrigens bayerische Hefe, die das Carlsberg-Imperium (viertgrößter Brau-Konzern der Welt) gründete und sicherte. Brauerei-Sproß Jacob Christian Jacobsen wollte anderes Bier als das bis dahin in Dänemark übliche dunkle, schwere, Stout-artige. Er reiste viel herum und entdeckte so in München bayerisches Bier. Kurz vorher hatte Louis Pasteur die Hefe und ihre Rolle im Brau-Prozess entdeckt. Jacobsen war begeistert von dem hellen, weniger starken Bier und ließ mehrere Töpfe Hefe von München nach Kopenhagen kutschieren. Mehrere Jahre analysierte Jacobsen mit seinen Leuten diese bayerische Hefe, holte sich auch Rat bei Pasteur, bis dann Emil Christian Hansen, einem Botaniker, 1883 im Carlsberg-Laboratorium schließlich nach zahlreichen Versuchen gelang, einzelne Hefe-Stämme zu isolieren und über Nährlösungen zu züchten: Das Züchten von Hefe war erfunden, aus einem Stamm von bayerischer Hefe aus München. Noch heute heißt daher in Dänemark ein Glas Bier umgangssprachlich auch „Bajer“.
Noch mal zurück zum Homebrewing: Was beim Artikel über Mittnacht nicht steht, sind Informationen zum rechtlichen Rahmen des Selber-Brauens. Darf Mittnacht sein Bier einfach so vertreiben? Zahlt er dann Biersteuer? Ist es möglich, dass ich mein Bier einfach einem Gastro-Unternehmer um die Ecke anbieten kann? Welche Hygiene-Voraussetzungen braucht es? Ab wie viel erzeugter Liter kostet mich mein Hobby Gebühren? Mittnachts Häsefelder-Brauerei ist angemeldet. Das heißt, dass er mehr als die freien 200 Liter pro Jahr braut und auch abgibt, also in Verkehr bringt. Dazu muss er sich steuerlich erklären. All diese Fragen klärt das Hobbybrauer-Forum. Und natürlich kann man da auch Rezepte tauschen und sich bei spezifischen Problemen beim Brauvorgang austauschen. Infos gibt es auch bei der Vereinigung der Haus- und Hobbybrauer.
Und sonst so? Gelungene, überraschende oder diskussionswürdige Artikel, Videos, … woanders zu Bier will ich euch natürlich auch in diesem Jahr nicht vorenthalten. Die FAZ etwa, die ja bekanntlich mit der Craftbier-Revolution etwas hadert, kann aber von der Welle nicht lassen und hat schon wieder was veröffentlicht. Nämlich war Uwe Ebbinghaus, der bei FAZ.net unter „Reinheitsgebot“ über Bier bloggt, bei BrauFactum und hat sich da mal umgesehen. Leider geht’s aber dann nur um Glas- und Flaschenkunde.
In der ARD-Sendung „Heimatrauschen“ geht es aktuell um Bier aus der höchstgelegenen Privat-Brauerei Deutschlands, nämlich Höss-Bier. In einer stillgelegten Seilbahnstation auf 1.000 Metern Höhe liegt sie. Hier tüfteln Brauer Bernhard Göhl und der befreundete Biersommelier Hans-Herrmann Höss an ihren Allgäuer Craftbier-Kreationen.
In der „Stuttgarter Zeitung“ versuchte sich der sehr geschätzte Kollege Jan Georg Plavec an einer Art Bier-Bilanz 2016. Viele interessante Aspekte gibt es da, vor allem für Leute, die nicht so viel Ahnung von Bier haben. Aber leider keinen roten Faden, alles geht ein bisschen durcheinander. Denn eigentlich geht es um einen Besuch im „Heinrich 3000“ in Kornwestheim bei Stuttgart, dem „größten Bier-Geschäft der Republik“. Das stimmt schon mal nicht, denn das größte ist Maruhn’s in Pfungstadt bei Darmstadt. Und dann irgendwie geht’s doch nicht ums „Heinrich 3000“, sondern die Aussagen von Besitzer Wolfgang Heinrich. Dann denkt man, ah, es geht also um „500 Jahre Reinheitsgebot“. Weil trotz aller Maßnahmen des Brauer-Bundes zum Jubeljahr weniger Bier getrunken wird und die Leute lieber weiterhin zu ihren Fernsehbieren greifen. Aber dann das irgendwie auch wieder nicht, denn es folgt ein stark meinungsgefärbter Exkurs dazu, was Craftbier ist. Sätze wie „Gelegenheitstrinker behaupten, jedes Bier (also der Fernsehbiere) schmecke gleich“ oder „Wer soll das alles trinken?“ lassen einen ratlos zurück. Vor allem aber das Fazit des jungen Kollegen: „Vielleicht haben das deutsche Bier und der deutsche Getränkehandel ja doch eine Zukunft. Das Reinheitsgebot wird dabei aber die geringste Rolle spielen.“ Das ist, mit Verlaub, Quatsch. Das Reinheitsgebot wird dabei nach wie vor die größte Rolle spielen, denn es ist das Aushängeschild für den Export deutschen Bieres. Das wissen auch die Craftbrauer, von denen die meisten übrigens ja im Rahmen des Reinheitsgebotes brauen – und deswegen wollte es im Jubiläumsjahr und will es auch jetzt niemand (gut, außer Oli Wesseloh vielleicht) abschaffen.
Kleiner Rückblick: 2016 war das Jahr, in dem die großen Craftbrauereien in Deutschland Fuß fassten. Stone (Riesen-Bericht im Spiegel) und BrewDog eröffneten in Berlin, Brlo baute ein Brauhaus am Gesundbrunnen. Es gab (unnütze und unschöne) Diskussionen darüber, ob man in der Hauptstadt überhaupt noch mit einem simplen Sterni in der Öffentlichkeit unterwegs sein darf. Leute, macht euch mal locker, die Vielfalt geht weiter – und das ist doch eher ein schönes Versprechen für 2017. Endlich, endlich eröffnete die Elbphilharmonie in Hamburg, und damit gibt es gutes Craftbier auch in E-Kultur-Hallen (der „Männerabend“ war schon mal da). Lemke in Berlin hat mit dem Brauhaus am Alex seit November nun schon das dritte Brauhaus in der Stadt.
Aktuelle lokale Veränderungen: Niederbayern bekommt eine Craftbier-Messe. Maisel & Friends bekommt einen Shop im Liebesbier – und wird noch im Frühjahr mit zwei Events überraschen, über die ich aber noch nichts verraten darf. Nur so viel: Eins davon hat mit einer in der Community breit formulierten Bitte zu tun. Orca Brau von Felix vom Endt (Gründer von Lieblingsbier.de und Ex-Heidenpeters-Bierjünger) in Nürnberg nimmt Gestalt an. Und die Bierbar „Mr Kennedy“ von Luke Kennedy, dem einen bierigen Kopf hinter „New Beer Generation“ ist umgezogen (Infos am besten über Facebook). Übrigens haben NBG auch ein neues Bier. Und die ebenso fränkische Hopferei Hertrich ein neues „Veto“. Ich empfehle beide unverschämt uneingeschränkt. Seit etwa zwei Monaten hat die Bierothek aus Bamberg auch einen Ableger in Stuttgart. Dort ist der Konkurrenzkampf groß, denn während sich wegen eines Wasserschadens die Eröffnung der Bierothek in der Königsbaupassage verzögerte, konnte Ridmueller im Pop-up-Store-System „Fluxus“ weiter punkten und konnte das Craftbier-Lokal „Kraftpaule“ im Osten aufmachen. Der „Kraftpaule“ wiederum läuft inzwischen so gut, dass er am 4. Februar auch in Böblingen ein Geschäft aufmacht – Böblingen, wo die Kraftbierwerkstatt ihren Sitz hat, die mit dem „Kraftpaule“ kooperiert.
Wie wird das bierige 2017? Was ihr aus eurem hoppy new year macht, hängt freilich an euch selbst. Fruchtige IPAs, zu viel Hopfen, ein paar Brauerei-Schließungen, noch mehr Ernsthaftigkeit beim Thema, Einflüsse von außen, etwa Gesundheitsabspekte – was sich die US-amerikanische Industrie vom Bier-Jahr 2017 erwartet, ist unter anderem hier in kurzen Thesen nachzulesen.
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